Haftung des Betriebsübernehmers
Welche Haftungen oder Belastungen können mich treffen?
Wer ein Unternehmen übernimmt und weiterführt, muss auch für Verbindlichkeiten einstehen!
Daher ist die Analyse der Haftungsfolgen ein wesentlicher Baustein bei der Vorbereitung einer Übergabe.
Die wichtigsten Haftungs- und Gewährleistungsbestimmungen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) finden sich im Zivilrecht (ABGB, MRG), dem Unternehmensrecht (UGB), dem Steuerrecht (BAO), dem Sozialversicherungsrecht (ASVG) und dem Verwaltungsrecht (GewO).
Haftung aus Vermögensübernahme
Wer ein Vermögen als Ganzes übernimmt, haftet neben dem Übergeber, Gläubigern gegenüber bis zum Wert des übernommenen Vermögens (§ 1409 Abs 1 ABGB) für Verbindlichkeiten, die er bei der Übernahme kannte oder kennen musste. Übernimmt ein naher Angehöriger ein Vermögen, muss er beweisen, dass er die Verbindlichkeiten nicht kannte oder kennen musste (Beweislastumkehr). Diese Haftung kann vertraglich nicht abbedungen werden.
Tipp
Diese Erwerberhaftung trifft den Übernehmer nicht bei Übernahme aus Zwangsvollstreckung oder Insolvenz zufolge der Sonderregel des § 1409a ABGB.
Daher ist die Betriebsübernahme aus einer Insolvenz heraus zuweilen eine interessante Variante.
Unternehmensrechtliche Haftung
Wer ein unter Lebenden erworbenes Unternehmen fortführt, übernimmt mit dem Übergang alle unternehmensbezogenen Rechtsverhältnisse (§ 38 UGB). Neben dem Übernehmer haftet der Übergeber weiterhin für jene Verbindlichkeiten, die binnen fünf Jahren nach dem Übergang fällig werden.
Es kann eine abweichende Vereinbarung getroffen werden. Diese ist Dritten gegenüber nur dann wirksam, wenn sie im Firmenbuch eingetragen, auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder dem Dritten mitgeteilt wurde.
§ 38 UGB lässt eine durch andere Bestimmungen begründete Haftung unberührt. Deshalb ist auch § 1409 ABGB zu beachten.
Konkret bedeutet dies, dass gemäß den unternehmensrechtlichen Bestimmungen die Haftung zwischen Übernehmer und Übergeber durch Vereinbarung ausgeschlossen werden kann. Dieser Haftungsausschluss gilt allerdings nur im Innenverhältnis zwischen den beiden. Gegenüber den Gläubigern des Unternehmens haftet der Übernehmer aber aufgrund § 1409 ABGB immer bis zum Wert des übernommenen Vermögens.
Haftung nach Bundesabgabenordnung
Den Erwerber treffen Haftungen für betriebsbezogene Abgaben und betriebsbezogene Abzugssteuern für das letzte Kalenderjahr (vgl. § 14 BAO). Dies gilt insoweit, als der Erwerber die in Betracht kommenden Schulden kannte oder kennen musste und er nicht schon so viel entrichtet hat, wie dem Wert des übertragenen Vermögens ohne Abzug der Schulden entspricht.
Diese Haftung greift nicht beim Erwerb im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens und Insolvenz.
Haftung aus Sozialversicherung
Der Erwerber haftet für nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge für 12 Monate vor dem Erwerb (§ 67 Abs. 4 ASVG). Der Erwerber sollte daher auf jeden Fall beim Sozialversicherungsträger anfragen, ob Beitragsrückstände bestehen, da er im Fall einer Beauskunftung nur für die Beträge haftet, die ihm von der Sozialversicherung als ausstehend mitgeteilt wurden. Auch diese Haftung greift nicht beim Erwerb aus der Insolvenz.
Arbeitsverträge
Alle Arbeitsverhältnisse gehen kraft gesetzlicher Bestimmung (Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz, AVRAG) auf den Erwerber über. Dieser ist daher an alle arbeitsrechtlichen Verpflichtungen seines Vorgängers gebunden. Daher ist ein Verzeichnis aller Arbeitnehmer zu besorgen und alle Sondervereinbarungen (z.B. Pensionszusagen) sind zu hinterfragen. Sollen (bestimmte) Arbeitsverhältnisse nicht übernommen werden, hat der Übergeber diese Arbeitsverhältnisse rechtzeitig und formrichtig aufzukündigen.
Gewerberechtliche Haftungen, Gewerbeberechtigung
Die Gewerbeordnung erlegt den Betrieben ebenfalls Pflichten auf. Die Betriebsübernahme sollte zum Anlass genommen werden zu überprüfen, ob die erforderlichen gewerberechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere also alle erforderlichen Gewerbescheine vorliegen und alle Betriebsanlagengenehmigungen vorhanden sind und darin ausgesprochene Auflagen eingehalten werden.
Tritt ein Wechsel in der Person des gewerberechtlichen Geschäftsführers ein, ist für Ersatz zu sorgen. Dies kann ein Grund sein, den Übergeber noch im Betrieb zu halten, bis der Erwerber die erforderlichen gewerberechtlichen Voraussetzungen selbst erbringt und die auch die Funktion des gewerberechtlichen Geschäftsführers übernehmen kann.
Besonderes gilt bei Umgründungen, da hier die Gewerbeordnung einen automatischen Übergang der Gewerbeberechtigung vorsieht (beachte jedoch die Meldepflicht nach § 11 GewO). Im Fall der Verpachtung eines Betriebes kann die Gewerbeberechtigung der Ausübung nach übertragen werden.
Mietrechtsübergang
Bei Veräußerung des Betriebes tritt der Erwerber anstelle des Übergebers in bestehende Hauptmietverhältnisse ein, wenn der Betrieb im Mietobjekt betrieben wurde. Zu beachten ist, dass bei der Betriebsübernahme der Vermieter unter bestimmten Umständen das Recht hat, den Mietzins auf den mietrechtlich angemessenen Mietzins anzuheben (§§ 12a, 16 MRG). Erwerber und Übergeber sind verpflichtet, die Betriebsübergabe dem Vermieter anzuzeigen. Diese Bestimmung greift auch, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse am Rechtsträger entscheidend ändern (z.B. durch Anteilskauf).
Besteht einer der Vorteile des zu übernehmenden Betriebes also in einem besonders günstigen Mietrecht, so ist vorweg abzuklären, ob der Vermieter die Betriebsübernahme nicht zum Anlass nimmt, den Mietzins anzuheben.
Versicherungsverträge
Alle Versicherungsverträge sind anzupassen. Der Erwerber – wie auch der Versicherer – kann Versicherungsverträge binnen Monatsfrist nach Übernahme kündigen (§§ 69 f. Versicherungsvertragsgesetz).
Garantiezusagen, Gewährleistungsabreden
Der Erwerber kann sich besondere Eigenschaften des Betriebes ausdrücklich zusichern lassen, der Übergeber kann die Gewährleistung für bestimmte Vermögenswerte oder Eigenschaften ausdrücklich ausschließen wollen. Auch kann im Zuge der Übergabe vereinbart werden, welche Folgen die Nichteinhaltung bestimmter Zusagen haben soll. So kann die Konsequenz in einer Konventionalstrafe (pauschalierter Schadenersatz), Kaufpreisminderung oder gänzlicher Aufhebung des Kaufvertrages bestehen.